21. Oktober 2025
Projekt I Käsekultur

Pascal Eggers: „Allerhöchste Qualität ist für mich oberstes Gebot.“

 „Egal, wo in Frankreich: Ich war immer glücklich.“ Seine Frankreichliebe zelebriert Pascal Eggers seit Beginn diesen Jahres in seiner eigenen Fromagerie in Hamburg-Winterhude.


„Die Schönheit, das Handwerk, die Farben – einfach alles hat mich in diesem majestätischen Moment beeindruckt.“ So feinfühlig, ja beinahe nostalgisch, begründet Käsesommelier Pascal Eggers, warum die Fassade des Hôtel Le Normandie im französischen Deauville noch immer seinen Handyhintergrund ziert. Vor zwei Jahren entdeckte er den Bau während einer seiner Käsereisen eher zufällig: ein stolzes Anwesen in anglonormannischem Mansardenstil, ein schimmerndes Kleinod an der Küste. Gegründet 1912 und seither kaum an Gestalt verloren – und doch atmen die Fassaden frisch und lebendig die salzige Luft der Normandie.

Dass Pascal gerade dieses Bild immer bei sich trägt, rundet meinen Eindruck eines detailverliebten, frankophilen und mit allen Sinnen genießenden Käseexperten ab, der sich vor einem halben Jahr mit der eigenen Fromagerie Pascal in Hamburg-Winterhude einen Lebenstraum erfüllt hat. Bei ihm geht es aber längst nicht nur um die äußere Hülle – auch wenn diese äußerst schmackhaft sein kann. Sein Repertoire umfasst rund 100 sorgfältig ausgewählte Rohmilchkäsesorten, bevorzugt von kleinen, ökologisch arbeitenden Betrieben, die mit ihrem Handwerk traditionelle Kulturpraktiken auf höchstem Niveau lebendig halten. Und warum vor allem französischen Käse? „Egal, wo in Frankreich: Ich war immer glücklich.“
 

 Der Fokus liegt für mich nicht allein auf dem Käse, sondern in der Begegnung zwischen Mensch und Produkt. Die eigentlichen Künstler sind für mich die Käsereien. Ich bin derjenige, der ihre Botschaft von Qualität und Handwerk weiterträgt.“ 


Wenn man in Engelskirchen geboren wird, ist der Weg zum Käse nicht unbedingt in die Wiege gelegt. 
Pascal: Für mich begann die Verbindung sehr früh durch meinen Vater. Im Alter von fünf Jahren zogen wir nach Norddeutschland. Bereits mit zehn Jahren stand ich in der Hofkäserei Backensholz, half bei der Milchverarbeitung, wendete die schweren Käseleibe. Eine unglaublich prägende Zeit, in der ich das Produkt durch echtes Handwerk schätzen und lieben lernte. Meine persönliche Käsereise setzte sich dann fast mein halbes Leben lang im Käsewagen Friesische Feinkost fort. Den Käseleib, den ich einst selbst gewendet hatte, an Mann und Frau weiterzugeben, dabei über Aromen zu schwärmen, in den täglichen Plausch einzutauchen und für Käse feinster Qualität zu begeistern – das ist für mich die wahre Königsdisziplin.

Nach zwanzig Jahren auf Märkten hättest du dich auch für andere Wege rund um den Käse entscheiden können – etwa den des Affineurs. Warum aber bist du beim Käsehandel geblieben? 
Pascal: Der Fokus liegt für mich nicht allein auf dem Käse, sondern in der Begegnung zwischen Mensch und Produkt. Die eigentlichen Künstler sind für mich die Käsereien. Ich bin derjenige, der ihre Botschaft von Qualität und Handwerk weiterträgt – mit Respekt und Freude, von Mensch zu Mensch, immer mit einem Lächeln. Im Idealfall entsteht dann auf allen Seiten pures Genusserleben, Hingabe zur Natur und ein bereichernder, verwöhnender Moment. In diesen Augenblicken ist meine Arbeit als Genussbotschafter erfolgreich.
 

Seit einigen Tagen hängt in der Fromagerie eine Karte, die das jeweilige Terroir und die dazugehörigen Käsesorten zeigt. Pascals Ziel ist es, all diese fünfzig in sein Sortiment aufzunehmen – ausschließlich von Handwerksbetrieben, die er kennt und denen er vertraut.


Woher rührt deine Faszination für die französische Käsekultur?
Pascal: Kultur ist genau das Stichwort. Die Verbundenheit zur französischen Lebensweise habe ich schon immer gespürt. Ich bin ein sehr beobachtender, reflektierender Mensch – und genau damit treffe ich in Frankreich auf große Resonanz. Wenn ich dort bin und in dieses besondere Lebensgefühl eintauche – die Ruhe beim Essen, der Respekt vor den Produkten, die Zeit, die man sich nimmt, um Qualität und Genuss wirklich zu würdigen –, dann fühle ich mich ganz angekommen. Immer, wenn ich in Frankreich war, war ich glücklich. Und genau diese Lebensweise prägt für mich auch die Qualität der französischen Käse – ganz gleich aus welcher Region.

Inwiefern?
Pascal: Es fasziniert mich, wie in Frankreich aus schlichter Einfachheit Großes entsteht. Das ist für mich das Spannende: die bäuerliche Perfektion, das vorgegebene Terroir, die Liebe und Leidenschaft, die darin stecken. Kräuter wie Enzian, die salzige Meeresluft, jahrhundertealte Rezepturen – all das verdichtet sich zu Käse, der Kultur trägt. Frankreich allein zählt fünfzig ursprungsgeschützte Käsesorten. Seit einigen Tagen hängt in meinem Laden eine Karte, die das jeweilige Terroir und die dazugehörigen Käsesorten zeigt. Mein Ziel ist es, all diese fünfzig in mein Sortiment aufzunehmen – ausschließlich von Handwerksbetrieben, die ich kenne und denen ich vertraue. Auf diese Weise möchte ich meinen Beitrag leisten, dass genau diese Handwerkstraditionen und Kulturpraktiken weitergegeben und bewahrt werden. Deshalb halte ich nicht viel von zu intensiven Spielereien im Käse – das sind für mich Trendprodukte. Ein wirklich hochwertiger Käse überzeugt durch seinen reinen, unverfälschten Geschmack.
 

Schon als Kind habe ich von meinem eigenen Käseladen geträumt, in dem ich jetzt seit einem halben Jahr stehe und meine Botschaft, meine Lebensphilosophie weitergeben kann: Ohne gutes Essen sind wir nichts, höchste Qualität ist das oberste Gebot. 


Warum, glaubst du, teilen viele Menschen hierzulande zwar die Sehnsucht nach dieser von dir beschriebenen Lebensart, erkennen aber zugleich die Hochwertigkeit der Produkte oft nicht an?
Pascal: Auch hierzulande gibt es Hofkäsereien, deren Produkte auf höchstem Niveau entstehen – kleine Meisterwerke aus Hand und Herz. Und doch leben wir in einer Supermarktgesellschaft, in der der Preis entscheidet, während Aromatik, Herkunft und Qualität oft nur am Rande zählen. Es ist, als würden die feinen Nuancen hochwertigen Handwerks unter dem Lärm der Masse fast unsichtbar bleiben.

Ist es nicht verrückt, dann in diesem Umfeld eine Fromagerie zu eröffnen, die sich auf hochwertige Käse spezialisiert? Glaubst du, dass du damit der hiesigen Konsummentalität tatsächlich etwas entgegensetzen kannst?
Pascal: Ja! Denn jede einzelne Person, die mit einem Lächeln hinausgeht – und ich habe ein sehr gemischtes Publikum – ist für mich ein Gewinn. Mittlerweile kommen auch weniger betuchte Kunden herein und gönnen sich Käse, wenn auch in kleineren Mengen. Das sind für mich bestätigende Momente, die zeigen, dass ich auf dem richtigen Weg bin. Diese kleinen Augenblicke der Wertschätzung – wenn das Produkt mit seinem Geschmack überzeugt – sind für mich echter, ehrlicher Erfolg. Schon als Kind habe ich von meinem eigenen Käseladen geträumt, in dem ich jetzt seit einem halben Jahr stehe und meine Botschaft, meine Lebensphilosophie weitergeben kann: Ohne gutes Essen sind wir nichts, höchste Qualität ist das oberste Gebot. Hinter jedem hochwertigen Produkt steckt eine Geschichte – eine Familie, Traditionen, Kultur. Alles, was lebt und liebt, ist entscheidend. Auf meiner Webseite schreibe ich genau über diese Erfahrungen, die ich während meiner Käsereisen sammele.

Welche Käsereise hat dich am meisten beeindruckt?
Pascal: Es fällt mir schwer, mich festzulegen – aber wenn, dann das Zentralmassiv, die Auvergne. Die Natürlichkeit, die größte Vulkankette Europas, die Schlichtheit der Dörfer, die feucht-frische, grasige Luft – all das spiegelt sich in einem meiner liebsten Käse wider: dem Saint-Nectaire. Dieser Käse beschreibt die Region perfekt: rund, erdig, moosig, leicht uneben – mit einem frischen, fein säuerlich-buttrigen Inneren. Schließt man die Augen, sieht man die Auvergne vor sich. Der Käse reift auf Strohmatten in Höhlen und nimmt die Aromen dieser Umgebung auf. Er atmet Geschichte, Kultur und Landschaft, übersetzt diese für den Gaumen und schafft einen unvergessenen Erinnerungsmoment.
 

Seine beeindruckendste Käsereise brachte auch seinen liebsten Käse hervor: Der Saint-Nectaire aus der Auvergne reift auf Strohmatten in steinernen Höhlen und atmet das Aroma seiner Umgebung ein.


Die Ausbildung zum Käsesommelier umfasst einen großen Anteil zur Getränkekunde. Auch in deiner Fromagerie bietest du Abende an, bei denen du die Gäste mit klassischen, aber auch überraschenden Pairings verwöhnst. Was macht für dich das ideale Wein‑Käse‑Pairing aus? Und welchen Wein würdest du zum Saint-Nectaire servieren?
Pascal: Ein vollkommenes Wein-Käse-Pairing entsteht, wenn beide Partner auf Augenhöhe sind. Ihre Verbindung gleicht einem Tanz, einer Dynamik, in der die einzelnen Akteure mit ihren ganz individuellen Akzenten und Rhythmen, aber auch Stärken und Schwächen zur Geltung kommen. Mal trägt der eine den anderen, im nächsten Moment driften sie kurzzeitig auseinander, um sich anschließend noch intensiver zu umschließen. Die einmalige Verbindung bleibt dabei in jedem Moment bestehen. Ein Saint-Nectaire entfaltet sich für mich am schönsten mit Weinen, die seine buttrig-erdigen und leicht säuerlichen Aromen liebevoll begleiten, ohne ihnen zu viel Raum zu nehmen. Mit seiner lebendigen Frische bringt beispielsweise ein Chenin Blanc aus der Loire die leuchtend hellen Noten des Käses erst so richtig zum Vorschein. Aber auch ein charakterstarker Gamay aus dem Beaujolais kann durch seine frisch-fruchtigen Komponenten mit dem Saint-Nectaire eine vollkommene Symbiose eingehen.

Welches Potenzial siehst du für das Käse-Metier hierzulande? Wo geht die Reise für deutschen Käse hin?
Pascal: Ich glaube nicht, dass plötzlich neue Käsereien oder spezialisierte Betriebe aus dem Boden schießen. Vielmehr sehe ich Chancen darin, dass auch unsere deutschen Käsereien und ihre hochwertige Arbeit durch internationale Events wie die World Cheese Awards mehr Aufmerksamkeit und Reichweite erhalten.

Und deine persönliche Käsereise?
Pascal: Jetzt steht erst einmal ein Aufenthalt in Paris an. Dort tauche ich in alle Käsefeinkostläden ein, die mir unter die Füße kommen, lasse mich dort inspirieren und schaue auf Antikmärkten nach weiterem Equipment für meine Fromagerie. Im kommenden Jahr ist dann die nächste größere Käsereise geplant – in eine Region, die für mich noch unbekannt ist: Es geht Richtung Baskenland und die Pyrenäen. Mein Fokus liegt aber im Hier und Jetzt und darauf, täglich mit Herzblut meinen Traum in der Fromagerie weiterleben zu können. Um damit zu möglichst vielen hochwertigen, unvergessenen und geteilten Genussmomenten beizutragen.

 

Fromagerie Pascal
Alsterdorfer Str. 59, 22299 Hamburg
Webseite: www.fromageriepascal.de
Instagram: www.instagram.com/fromageriepascal
 

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